01.03.2022   |  

Zusammenspiel zwischen Notar und steuerlichem Berater

Schiffbruch im Bermuda-Dreieck Steuerrecht

Die hier betrachtete Entscheidung des BFH vom 17.06.2020 (II R 38/17) verdeutlicht sehr anschaulich die Untiefen, die sich aus dem Zusammenspiel zwischen Notar, steuerlichem Berater und einer streng formalistischen Betrachtung der Finanzverwaltung ergeben können. Im Spannungsfeld dieser drei Beteiligten hat der betroffene Steuerpflichtige nun einen sehr teuren Schiffbruch erlitten.
In dem Sachverhalt ging es -stark vereinfacht- darum, dass der Vater seinem Sohn einen Kommanditanteil nebst zugehörigem Sonderbetriebsvermögen in Form eines Grundstücks im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zuwenden wollte. Hierfür sollten die steuerlichen Vergünstigungen für die Übertragung von Betriebsvermögen nach §§ 13a, 13 b ErbStG a.F. genutzt werden.

Der steuerliche Berater weiß: Die angestrebte Vergünstigung kann nur dann gewährt werden, wenn das Wirtschaftsgut des Sonderbetriebsvermögens zeitgleich mit dem Gesellschaftsanteil übergeht. Das gibt er auch an den Notar weiter.

Der Notar weiß: Wird der Kommanditanteil übertragen, bevor der beschenkte Sohn als Kommanditist ins Handelsregister eingetragen ist, droht diesem eine persönliche, unbeschränkte Haftung. Das gilt es zu vermeiden. Er macht sich also ans Werk.

Laut Grundstücksübertragungsvertrag vom 30.12.2013 soll das Grundstück zum Stichtag 01.01.2014, 00:01 Uhr auf den Sohn übergehen.Wegen der Haftungsgefahr wählt er für den Kommanditanteil folgende Formulierung:

„Die Übertragung und Abtretung erfolgt mit dinglicher Wirkung zum Beginn des 1.1.2014, 00:01 Uhr „Übertragungsstichtag“), jedoch aus Haftungsgründen unter der aufschiebenden Bedingung der Eintragung des Schenknehmers als Kommanditist der KG kraft Sonderrechtsnachfolge im Handelsregister.

Vom Übertragungsstichtag bis zur Eintragung der Sonderrechtsnachfolge im Handelsregister wird die übertragene Gesellschaftsbeteiligung an der KG vom Schenkgeber treuhänderisch gehalten.

Damit stehen dem Schenknehmer ab dem Übertragungsstichtag die mit dem Gesellschaftsanteil an der KG verbundenen Gesellschaftsrechte in der KG zu. Der Schenknehmer ist ab diesem Tag am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven der KG alleine beteiligt.“

Auch der Anteilsübertragungsvertrag wird am 30.12.2013 beurkundet.

Die Eintragung ins Handelsregister erfolgt am 14.01.2014. Alles scheint erledigt.

Jetzt kommt die Finanzverwaltung ins Spiel: 

Sie versagt die Begünstigung des §§ 13a, 13b ErbStG für das übertragene Grundstück mit der Begründung, dass das Grundstück bereits am 30.12.2013 mit Erklärung der Auflassung und Bewilligung der Eintragung ins Grundbuch, der Kommanditanteil dagegen erst am 14.01.2014 ertragsteuerlich wirksam übertragen wurde. Also gerade nicht zeitgleich! Und das trotz Beurkundung am selben Tag und Nennung des identischen Stichtags. Das Paradoxe daran: Letztlich hat jeder der Beteiligten richtig und nachvollziehbar gedacht. Trotzdem hat der Betroffene nun Schenkungssteuer in Höhe von 22.000 € und die Kosten für die beiden Verfahren vor dem FG Köln (vom 29.06.2017, 7 K 1654/16) und dem BFH zu tragen.