20.06.2022   |  

Ersatzbevollmächtigten benennen

Die Ersatzbank – gern vergessen, aber wichtig

Wenn ich das Wort Ersatzbank höre, habe ich sofort das Bild eines Fußballspiels vor Augen. Der Fokus liegt stets auf der Stammelf und dem Fluss des laufenden Spiels. Nur in kurzen Unterbrechungen streift die Kamera flüchtig diejenigen, die auf der Bank platznehmen mussten. Viel Beachtung schenkt ihnen niemand. Es sei denn, ihre große Stunde schlägt und sie werden eingewechselt. 

Diese Bilder kennen die meisten von uns aus dem Fernsehen. Die Frage ist nur: Was hat das mit Juristerei zu tun? Antwort: Auch viele Mandanten schenken dem Thema „Ersatzbank“(zu) wenig Beachtung.

Wenn ich im Beratungsgespräch danach frage, wer in einer letztwilligen Verfügung als Erbe eingesetzt werden soll, wer die Rolle des Bevollmächtigten übernehmen soll oder wer die Nachfolge in das Familienunternehmen antreten soll, haben die Mandanten meist ein sehr klares Bild im Kopf. Ich bekomme sofort einen Namen genannt. 

Ganz anders sieht es dann aus, wenn ich frage, was geschehen soll, wenn die genannte Person -aus welchen Gründen auch immer (Tod, Erbausschlagung etc.)- nicht zur Verfügung steht. Oft schaue ich dann in ratlose Gesichter. Dabei ist es sehr wichtig, sich auch über diese Fragen Gedanken zu machen und hierbei auch atypische Verläufe und widrige Wendungen einzubeziehen. 

Setzen beispielsweise Ehegatten einander zu Generalbevollmächtigten ein, dann gebe ich zu bedenken, dass es oft der Partner ist, mit dem man zusammen unterwegs ist, verreist, Veranstaltungen besucht oder Ausflüge unternimmt. Da ist es gut möglich, dass bei einem Unfall beide Ehepartner verletzt werden und dann niemand den anderen durch die Vollmacht vertreten kann. Hier ist es wichtig, einen Ersatzbevollmächtigten zu benennen, der im Fall des Falles einspringen kann. In Konstellationen mit Ehepartnern und gemeinsamen Kindern mag die Frage noch recht einfach zu beantworten sein. Bei Singles, kinderlosen Paaren oder in Patchwork-Konstellationen wird es oft schon deutlich schwieriger. Noch komplizierter zu beantworten wird die Frage, wenn nur ein geeigneter Unternehmensnachfolger vorhanden ist. 

Daher lohnt es sich, einmal ehrlich und kritisch zu fragen: Wer sitzt im Fall des Falles eigentlich auf meiner Ersatzbank?