04.04.2022   |  

Durch eine gute juristische Beratung oder ein notarielles Testament leicht zu verhindern

Das Testamentum mysticum oder: Fünf Freunde gucken in die Röhre

Im juristischen Alltag tauchen immer wieder „verunglückte“ Testamente auf. Einen solchen Fall hatte nun jüngst der BGH zu entscheiden (Beschluss vom 10.112021, IV ZB 30/20).

In dem zu entscheidenden Fall ging es um ein privatschriftliches Ehegattentestament. Ein solches gemeinschaftliches Testament hat den Vorteil, dass sog. wechselbezügliche Verfügungen getroffen werden können. Diese bewirken, dass das gemeinschaftliche Testament nach dem Tod des Erstversterbenden nicht mehr ohne Weiteres geändert werden kann.

Ehefrau und Ehemann kamen überein, dass der Längerlebende Alleinerbe sein sollte, Schlusserben nach beider Tod sollten fünf befreundete Familien werden. Gesagt – getan: Man schrieb den letzten Willen handschriftlich nieder und tat kund, Schlusserben seinen „fünf befreundete Familien in Erbengemeinschaft“. Bezüglich der Namen und Adressen dieser Ehepaare verwies man auf eine maschinengeschriebene Anlage, die von beiden Testierenden unterzeichnet war. 

Nach Tod der Ehefrau errichtete der Ehemann ein neues Testament, in welchem er seine Tochter aus erster Ehe zur Alleinerbin bestimmte. 

„Halt, stopp!“, mag mancher denken. War denn das gemeinschaftliche Testament nicht bindend? So dachte auch eine der befreundeten Familien und beantragte einen Erbschein. Das Nachlassgericht erteilte einen solchen, die Tochter wandte sich hiergegen mit Erfolg an das OLG Frankfurt. Das befreundete Paar legte Rechtsbeschwerde ein, so dass am Ende der BGH zu entscheiden hatte. 

Der BGH befand die Beschwerde für unbegründet. Es sei keine wirksame Erbeinsetzung der Freunde erfolgt. Begründet wird das mit dem strengen Formerfordernis des § 2247 I, 2267 S. 1 BGB: Das gemeinschaftliche Testament muss eigenhändig geschrieben und unterschrieben sein. Eine Bezugnahme auf Schriftstücke, die nicht dieser Form genügen (hier: die maschinengeschriebene Liste) ist laut BGH nicht möglich. Im Testament selbst ergebe sich auch nicht die Andeutung, dass gerade die Antragsteller zu Erben berufen seien. 

Im Ergebnis haben wir damit eine tote Ehefrau, die sich vermutlich im Grabe umdreht nach dieser Entscheidung, und fünf enttäuschte Freundespaare. Das alles hätte sich durch eine gute juristische Beratung oder ein notarielles Testament leicht verhindern lassen. 

Lachende Dritte ist die Stieftochter.